Es sind nicht die Antworten, es sind die Fragen, die uns von der Wahrheit tren-nen. So fragen sich manche Zeitgenossen, wie es möglich ist, daß Schweizer Journalisten im Zusammenhang mit ihrem Nachbarn, der Bundesrepublik, immer wieder vom «großen Kanton» sprechen. Doch diese Frage ist falsch. Die richtige Frage muß lauten: Was ist Käse? (Schweizer) Nur hinter diesem Satz steht das Fragezeichen an der richtigen Stelle, weil nur so das ganze Bündel weiterer Fragen, die uns im Zusammenhang mit der Schweiz einfallen, mitgeschleppt wird.
Zum Beispiel Fragen im Hinblick auf die Ausländerfeindlichkeit der Schweiz, die – wie Leidtragende zu berichten wissen – ans Pathologische grenzt. Erinnern Sie sich noch an die Volksinitiative für die «Ausschaffung krimineller Ausländer»? Seinerzeit hatten die Schweizer für die strengste Regelung zur Abschiebung krimineller Ausländer in Europa votiert. Seither können die Schweizer Ausländer, die in ihrem Land Verbrechen begehen, endlich konsequent ausweisen.
Ausländische Mörder, ausländische Vergewaltiger, ausländische Sozialbetrüger – diese vielen Substantive sind ja an sich ganz harmlos, wenn das Adjektiv nicht wäre. Das wissen die Schweizer. Und doch haben sie das Wesentliche, das ja bekanntlich unsichtbar ist, über-sehen. Anstatt auf unsere Ursprungsfrage, den Käse betreffend, zurückzukommen, springen sie zu weit vor und formulieren ihre Fragen im Reflex: Was geschieht, wenn der Zuwachs an ausländischen Kriminellen rückläufig ist, weil aus Angst vor Abschiebung nicht mehr gemordet wird? Kriminell sind diese Leute ja trotzdem, nur daß sie aus niederen Be-weggründen ihre Taten unterdrücken. Ob man juristisch dagegen vorgehen kann?
Natürlich kann es auf diese Frage wie auf so vieles keine wirklich erschöpfende Antwort geben. Ja und Nein sind schließlich nur Füllwörter. Also überlassen wir den Schweizern die Antwort. Unsere Ursprungsfrage hingegen kann nicht mit Ja/Nein ausgekontert werden, hier ist ein richtiges Wort gefragt. Eine echte Antwort eben. Was also ist Käse? (Schweizer)
Antwort: Jeder gute Schweizer Käse hat Milch- bzw. Käselöcher. Die Löcher entstehen durch die Kohlensäure, die sich während des langsamen Reifungsprozesses entwickelt. Und zu diesem Reifungsprozeß gehört die Integration subversiver Elemente ebenso wie die Ein-verleibung ausländischer Krimineller.
Die Skeptiker sollten nicht vergessen, daß sich während des oben beschriebenen Prozesses auch der besondere Geschmack des Käses bildet. Käse? Geschmack? Besonderes? Ja! Hier trifft das Einfache auf das Höhere, und nur wo das Große mit dem Kleinen sich verbindet, ist die Wahrheit im Element. Und ganz nebenbei werden auch alle anderen Fragen beant-wortet. «Käse» ist das Schlüsselwort, das uns zur Wahrheit führt; ein flüchtiger Blick auf seine Synonyme genügt: Unsinn – Stuß – Nonsens. Oder: Schweiz.
Die Schweizer haben Angst vor der Ermordung durch abgeschobene Ausländer. Oder durch abgeschobenen Käse. Obwohl ja ausländischer Champagner auch Luftlöcher produziert, also gefährlich ist. Die gesittete Schweizer Ausländerfeindlichkeit steht in nichts der wohlgeordneten Abschieberechtfertigungsrhetorik hierzulande nach.
Dass derzeit offiziell von Deutschland nicht nach Syrien abgeschoben werden darf, ändert nichts an der törichten Überzeugung vieler, man dürfe in unser älter werdendes Einwanderungsland nur gut ausgebildete Fachkräfte migrieren lassen. Und keinesfall nicht Ausgebildete.
Schließlich wollen wir unsere Stütze selbst verprassen. Und wenn dann im Land lebende Sinti oder Roma ihr Reisegewerbe ausüben wollen, wird ihnen ihr Recht dazu gerne von windigen Mitarbeitern deutscher Behörden verweigert.
Also: Schweizer Käse ist überall, aber wo ist die Wahrheit?
Im ersten Absatz ist von Leidtragenden die Rede: dieses Wort ist mit einem Link versehen, der zu einem Erlebnisbericht führt. Die in diesem Bericht dokumentierte feindselige Haltung gegen Deutsche unterscheidet sich in ihrer kriegerisch-verwegenen Ausprägung durchaus von der deutschen Ausländerfeindlichkeit.
Während Deutschland in egoistischer Abwehr alles Fremde auf Distanz hält, erscheint bei den Schweizern Haß und abgrundtiefe Verachtung als die treibende Kraft, zumindest was Deutschland betrifft. Und das wiederum provoziert einen journalistischen Gegenschlag.
Andererseits glaube ich, daß die aus Minderwertigkeitskomplexen geborene Abwehr (Eidgenossenschaft) ungefährlicher ist als die Gegenwehr eines sich selbst überschätzenden Riesen (Germoney). Aber sie eignet sich freilich besser zur Satire.