IN EIGENER SACHE
Bei einer Tageszeitung stehen bei mir Sensation, Krawall und Unterhaltung an oberster, eigentlich an einziger Stelle; keine Politik, keine Wirtschaft, keine öden Fakten. Hauptsache bunt. Hauptsache laut. Hauptsache schrill. Kurz: Hauptsache Boulevard. Und bei diesem Buchstabensalat aus Klatsch, Intrige und übler Nachrede, für den ich gerne zahle, ist es mir so egal wie nur irgendetwas auf der Welt, ob die kolportierten Meldungen auf Wahrheit, Lüge oder Irrtum beruhen; meinetwegen kann alles von A bis Z erfunden und erlogen sein. Wichtig ist nur: Spannung, Fun und Action. DRECK. Das ist der Grund, weshalb ich mich mit BILD in der Öffentlichkeit zeige, das ist der Grund, weshalb ich BILD abonniert habe. Das ist der Grund, weshalb ich mich freue! Verbindlich für ein Jahr fest und für satte 27 Euro im Monat.
Dieser Text ist kein Trick.
PEACE!
Essay/Satire
2019
Offline auf Kurs
Was haben wir jetzt? App, Netz, Chat. Kein Handschlag, kein Zwinkern. Kuß unbekannt. Haben wir uns verloren? Hat uns die Technik eingeebnet?
Wir wissen, wir fühlen das. Aber wir können uns nicht befreien wie als ob unser Wille gelähmt ist. Unsere Flügel sind zugewachsen, weil wir den kürzesten Weg gehen wollten. Wir dachten, es reicht eine Taste. Aber die Taste reicht nur bis zum Verstand. Das Herz bleibt offline.
Gesichtloses Leben.
WIR sind nicht mehr perfekt. Wir haben unsere Perfektion abgegeben.
Wir sind offline.
Gesellschaft & Propaganda
Das Werkzeug des Relativismus: Sprache als Mittel zur Distanz
Hin und her getrieben vom Widerstreit der Meinungen, der durch die Herrschaft der Stärkeren bestimmt wird, scheint die Moderne ihren moralischen Kompaß zu verlieren. Die Privatisierung der Wahrheit hat zur Tyrannei von Denkmoden und einer falsch verstandenen Toleranz geführt, das Absolute wurde zur Verhandlungssache herabgestuft, und Erkenntnis ist zum Spielball der Beliebigkeit geworden. Schon wer die Frage nach der Wahrheit stellt, gilt heutzutage als Sektierer. Doch Wahrheit und Freiheit gehören untrennbar zusammen.
Repressiver Moralersatz: Die Tyrannei der Toleranz
Kern des neuen Demokratieverständnisses ist die Doktrin, auf jeglichen Wahrheitsanspruch zu verzichten, um ein Abdriften in die Willkürherrschaft zu vermeiden. Es wird behauptet, daß unbedingte Überzeugungen intolerant sind, weil sie andere Überzeugungen für falsch halten. Dieser neue Begriff von «Toleranz» verbietet es, Überzeugungen zu haben, «weil diese per definitionem intolerant sind» (Spaemann). «Damit kippt der ganze Wertekanon», denn die wahre Toleranz respektiert Überzeugungen, während das vorgeschobene Toleranzverständnis den Anspruch auf Liberalität verhöhnt, indem es den Begriff, mit dem es vordergründig punktet, ad absurdum führt: die Tyrannei der Toleranz ist der Inbegriff der Intoleranz.
Mutation der Menschheit (Teil 1: Die virtuelle Leiter)
UNSICHTBARES LEBEN
Die Virtualität durchdringt die Realität, Erfundenes wird bedeutender als das Tatsächliche, Fiktion und Wahrheit verschmelzen. Der radikale Kulturbruch, den Internet und Computerwelt ausgelöst haben, führt zu einer Derealisierung, die eine Singularität in der Menschheitsgeschichte darstellt. Chance oder Bedrohung? Erlösung oder Fiasko? Steht ein Epochensprung bevor?
Geschwindigkeit, Aufhebung der temporalen Schwelle (Gleichzeitigkeit), Überspringen der Realität und Verschmelzung mit der virtuellen Ebene: überall sein, total, urplötzlich und mittendrin. Immer. Grenzenlos, unüberschaubar und maßlos (zugleich stets erfassbar) ist das Universum virtuellen Erlebens, ausgedehnt und endlos die Stichwortkette, mit der Faszination und Magie einer Sphäre, für die uns die rechte Grammatik fehlt und die allenfalls auf der abstrakten Ebene eingeholt werden kann: aus nächster Nähe, allseits, unsterblich, abgrundtief wie uferlos aufstrebend; ozeanisch und doch symbiotisch, heroisch und zugleich risikofrei; bodenlos aber unverwüstlich jenseits von Zeit und Raum. Absolut? Emotionale Verdichtung, Perfektionierung der Jetzt-Zeit, Fusion von Objekt- und Subjektwelt – das alles geht Hand in Hand. Ein Vorgeschmack auf die Ewigkeit?
Kanzler Herbst
In Anwendung der charakteristischen Merkmale irdischer Jahreszeiten auf das menschliche Gemüt mag die Frage erlaubt sein, welche Jahreszeit am ehesten über Kanzlereigenschaften verfügt. Es erscheint zunächst unfair, die Jahreszeiten gegeneinander ausspielen zu wollen, doch es geht hier nicht um Sieger und Verlierer. Taugt die eine Jahreszeit zum Reisen, ist die andere für die Arbeit wie geschaffen. Und wer könnte schon reisen ohne zu arbeiten? Oder wachen (Sommer) ohne zu schlafen (Winter). So wie der Priester vom Gläubigen abhängt, braucht der Arzt den Patienten oder der Unternehmer die Putzfrau. Hierbei ist es völlig gleichgültig, daß es mehr Putzfrauen als Unternehmer gibt. Die Einführung von Rängen ist eine Erfindung des Menschen, und da das eine ohne das andere unmöglich ist, spielen Zahlen keine Rolle. Schließlich hat jeder Kanzler einen Frisör. Und so wie es nur einen Kanzler geben kann, so kann auch nur ein einziger Mensch Frisör des Kanzlers sein. Allein die Frage bleibt: Welche Jahreszeit kann nun Kanzler werden?
Viel spricht für den Sommer, allem Anschein nach die beliebteste Jahreszeit. Doch wenn der Sommer wirklich so beliebt ist, warum sind es dann gerade die Sommermonate, in denen die Menschen unser Land in Scharen verlassen? Sie mögen zwar den Sommer, aber wohl kaum im Zusammenhang mit dem Land, für das der Kanzler steht. Außerdem stehen Sommer wie Winter für Extreme, der Kanzler hingegen muß diese Endpunkte überbrücken und in der Mitte stehen, womit nur noch das Frühjahr und der Herbst in Frage kommen. Und dürfte hier nicht das Frühjahr sämtliche Trümpfe in der Hand halten: Aufbruch, Neuanfang – Vorbereitung der wärmsten Zeit des Jahres. Wie keine andere Zeit steht das Frühjahr für Wandlung, Entwicklung und Erneuerung. Begriffe, die den rechten Rahmen geben, aus dessen Zentrum ein jeder Kanzler vergnügt nach vorne blickt. Im Herbst hingegen verfärben sich die Blätter an den Bäumen, bevor sie dann abfallen. Diese Jahreszeit, der Vorbote des langen Winters, steht für das Sterben schlechthin. Und wenn der Winter – über den man, soweit es um denn Kanzler geht, nur soviel wissen muß, daß er in der Rangliste der Kandidaten den letzten Platz einnimmt – ein Freund des Herbstes ist, muß dann nicht auch der Herbst nah beim Winter und damit an vorletzter Stelle stehen?
Dies alles scheint logisch, weil es so einfach ist. Doch schauen wir uns die beiden Jahreszeiten noch einmal genauer an. Mit der steigenden Lichtintensität des Frühlings werden die Glücksstoffe Serotonin und Dopamin vermehrt ausgeschüttet, was zwar ein allgemein besseres Befinden bewirkt, jedoch auch eine leichte Euphorie erzeugen kann. Ferner verstärkt die Frühjahrszeit den Wunsch nach einem Partner bei den meisten Menschen auf eine bisweilen fast animalische Weise. Gegenläufig zu dieser Entwicklung stellt sich bei manchen Menschen die Frühjahrsmüdigkeit ein, deren genaue Ursache bislang ungeklärt ist. Somit steht das Frühjahr auch für eine gewisse Unbeständigkeit. Nicht umsonst sprechen unsere Dichter vom Lenz des Lebens (die Jugend). Und wer im DUDEN nachschlägt, stößt auf folgenden Hinweis: «einen sonnigen, schönen, ruhigen, faulen usw. Lenz haben» bzw. schieben, kurz: «ein angenehmes, bequemes Leben bzw. eine leichte, bequeme Arbeit haben.» Nein, das können wir unserem Kanzler nicht zumuten. Das Frühjahr, soviele gute Eigenschaften es auch in sich vereint, es darf nicht Kanzler werden, zu stark kooperiert es mit Elementen, die einer erfolgreichen Kanzlerschaft abträglich sind, mit den Elementen der Ausschweifung und des Wankelmuts nämlich. Damit steht fest: Der Herbst muß es richten. Er muß Kanzler werden.
Doch dieser Befund ist nicht nur dem kalten Gesetz der Ausschlußdiagnose geschuldet, wir hätten auch auf anderen Wegen zum Herbst kommen können; in näherer Betrachtung dieser Jahreszeit wissen wir auch warum. Wie wir bei unserem so geliebten Internet-Lexikon Wikipedia erfahren, ist das «Wort Herbst verwand mit engl. harvest, lat. carpere (= pflücken, Ernte) und griech. karpós (Frucht, Ertrag.) Es kommt von indogerm. sker (= schneiden). Ursprünglich bedeutete Herbst [also] ‹Zeit der Früchte›, ‹Zeit des Pflückens›, ‹Erntezeit›». Und wer anders als der Kanzler sollte als Repräsentant dieser wichtigen Zeit die Dinge richten und, wenn man bedenkt, daß im Herbst die Umstellung der Uhrzeit von der Sommer- (Menschenzeit) auf die normale (göttliche) Zeit vorgenommen wird, das Richtige vom Falschen scheiden? Es geht um nicht weniger als um das Ganze: zur Ewigkeit zurückzufinden. Und das kann nur der Herbst wie uns der Leutnant, ein Freund der Familie, gestern in Versform bestätigen konnte:
Kurz vor Ewigkeit
[Sonnenuntergang/Herbst-Winter]
Ein letzter Schein noch nicht im Grund verborgener Helle
über die das Band des Dunkels wie verschwebend sich zum Ganzen schließt
hebt noch im Sturz die Glut des Tages hoch zu jener Stelle
wo unter einem sanften Schimmer Gruß und Abschied ineinander fließt.
Und wo in fein gespannter Anmut Herbst und Winter zueinander flieht
hebt bald im Sturz ein Schein noch nicht im Sein verborgener Helle
die Glut des Jahres herab zu jener zeitlos ewig unerreichten Stelle
an der das Band des Himmels wie verschwebend sich zur Gänze schließt.
Neue Aufgabe für die FDP
Der FDP gehen bald die Aufgaben aus. Schon debattieren Rösler und Westerwelle, ob sie in NRW überhaupt antreten sollen. Zeit für Alternativen.
Da die FDP, wie sie auf ihrer Webseite versichert, eine Partei ist, die nach vorne schaut, sollte sie gleich beides miteinander verbinden und ihren Internetauftritt lukrativer gestalten. Ohnehin interessieren sich die Menschen kaum noch für Politik. Und für die Politik der FDP interessiert sich ja offenbar nur noch die FDP selbst wie das Ergebnis im Saarland beweist (alles Selbstwählerstimmen). Dennoch sollte sich die Partei nicht aufgeben, schließlich haben die «Liberalen» eine Webseite. Und damit kann man Gutes tun.
Spielzeug – Geld – Spende
Grundgedanke: Familien mit niedrigem Einkommen haben die Option, günstig Spielzeug (das mit Hilfe von FDP-Aufrufen gesammelt wird) zu erwerben und gleichzeitig mit ihrem Kauf eine Spende zu initiieren, die nicht nur in der Dritten Welt überproportional viel bewirken kann, sondern auch in Deutschland (insbesondere dort, wo FDP-Politik schon wirksam werden konnte). Das Konzept paßt sehr gut in den Kontext der FDP-Seite und könnte Medienaufmerksamkeit auslösen. Wie das funktionieren soll? An die Bevölkerung wird der Appell gerichtet, Spielwaren anstatt Geld zu spenden (zu verschenken), damit die FDP die Spielwaren im Zuge eines automatisierten Verfahrens in Geldspenden verwandeln kann.
Verfahren (in fünf Schritten):
Der Spender setzt das Angebot inklusive Bild auf die FDP-Seite (www.fdp.de) – Schritt eins. Sobald sich ein Interessent findet, überweist dieser das Geld an die FDP (2) unter Angabe seiner Adresse. Nach Eingang des Geldes wird das Bild von den «Liberalen» eingegraut und mit der entsprechenden Zielanschrift versehen (3), womit der Spender das Signal erhält, das Spielzeug (an den Käufer) zu versenden (4). Im letzten Schritt kann die FDP das Geld spenden.
Am Ende haben alle gewonnen:
- Der Spender hat gespendet (ohne Geld auszugeben).
- Der Käufer hat Ware erworben (ohne einen überteuerten Preis zu zahlen).
- Und die FDP hat eine Spende zur Weiterleitung an Bedürftige erhalten (ohne in Aktion zu treten), was mit einem erhöhten Zugriff beim Aufruf der anderen Infos, die sich auf der FDP-Seite tummeln, einhergehen könnte.
Hinweis: Es kommt weder Spielzeug bei der FDP an, noch muß irgendetwas versendet werden! Die FDP ist lediglich die Mittlerstation (Kontrollinstanz). Der Aufwand würde sich auf den administrativ-finanziellen Sektor beschränken (Geld empfangen, Eingang bestätigen). Da nicht davon auszugehen ist, daß die Idee sofort boomt, dürfte der Aufwand zu Beginn überschaubar sein. Sobald ein größerer Zuwachs zu verzeichnen ist, könnte man eine Teilzeitkraft (Solms, Niebel) damit beauftragen. In diesem Zusammenhang müßte über eine kleine Vermittlungsgebühr zwecks Kostendeckung nachgedacht werden.
100 Zeilen Liebe. Heute: Die Schweiz
Es sind nicht die Antworten, es sind die Fragen, die uns von der Wahrheit tren-nen. So fragen sich manche Zeitgenossen, wie es möglich ist, daß Schweizer Journalisten im Zusammenhang mit ihrem Nachbarn, der Bundesrepublik, immer wieder vom «großen Kanton» sprechen. Doch diese Frage ist falsch. Die richtige Frage muß lauten: Was ist Käse? (Schweizer) Nur hinter diesem Satz steht das Fragezeichen an der richtigen Stelle, weil nur so das ganze Bündel weiterer Fragen, die uns im Zusammenhang mit der Schweiz einfallen, mitgeschleppt wird.
Zum Beispiel Fragen im Hinblick auf die Ausländerfeindlichkeit der Schweiz, die – wie Leidtragende zu berichten wissen – ans Pathologische grenzt. Erinnern Sie sich noch an die Volksinitiative für die «Ausschaffung krimineller Ausländer»? Seinerzeit hatten die Schweizer für die strengste Regelung zur Abschiebung krimineller Ausländer in Europa votiert. Seither können die Schweizer Ausländer, die in ihrem Land Verbrechen begehen, endlich konsequent ausweisen.
Ausländische Mörder, ausländische Vergewaltiger, ausländische Sozialbetrüger – diese vielen Substantive sind ja an sich ganz harmlos, wenn das Adjektiv nicht wäre. Das wissen die Schweizer. Und doch haben sie das Wesentliche, das ja bekanntlich unsichtbar ist, über-sehen. Anstatt auf unsere Ursprungsfrage, den Käse betreffend, zurückzukommen, springen sie zu weit vor und formulieren ihre Fragen im Reflex: Was geschieht, wenn der Zuwachs an ausländischen Kriminellen rückläufig ist, weil aus Angst vor Abschiebung nicht mehr gemordet wird? Kriminell sind diese Leute ja trotzdem, nur daß sie aus niederen Be-weggründen ihre Taten unterdrücken. Ob man juristisch dagegen vorgehen kann?
Natürlich kann es auf diese Frage wie auf so vieles keine wirklich erschöpfende Antwort geben. Ja und Nein sind schließlich nur Füllwörter. Also überlassen wir den Schweizern die Antwort. Unsere Ursprungsfrage hingegen kann nicht mit Ja/Nein ausgekontert werden, hier ist ein richtiges Wort gefragt. Eine echte Antwort eben. Was also ist Käse? (Schweizer)
Antwort: Jeder gute Schweizer Käse hat Milch- bzw. Käselöcher. Die Löcher entstehen durch die Kohlensäure, die sich während des langsamen Reifungsprozesses entwickelt. Und zu diesem Reifungsprozeß gehört die Integration subversiver Elemente ebenso wie die Ein-verleibung ausländischer Krimineller.
Die Skeptiker sollten nicht vergessen, daß sich während des oben beschriebenen Prozesses auch der besondere Geschmack des Käses bildet. Käse? Geschmack? Besonderes? Ja! Hier trifft das Einfache auf das Höhere, und nur wo das Große mit dem Kleinen sich verbindet, ist die Wahrheit im Element. Und ganz nebenbei werden auch alle anderen Fragen beant-wortet. «Käse» ist das Schlüsselwort, das uns zur Wahrheit führt; ein flüchtiger Blick auf seine Synonyme genügt: Unsinn – Stuß – Nonsens. Oder: Schweiz.